Zweimal Haydn und dann:
Bruckner-Festspiele!

Anton Bruckner 1868

NEWSLETTER NOVEMBER 2018
Liebe Freunde der Kirchenmusik!
Sehr geehrte Damen und Herren!


Im Oktober brachte die Chorvereinigung anlässlich ihres 25-jährigen Vereinsjubiläums das Deutsche Requiem von Johannes Brahms zur Aufführung und erzielte damit einen großen Publikumserfolg.

Als Höhepunkte des musikalischen Programms in der Liturgie präsentieren wir zwei Messen von Anton Bruckner: die äußerst heikle Messe in e-Moll am 18.11. und die Messe in d-Moll am darauffolgenden Christkönigssonntag (25.11.). Damit haben wir innerhalb eines Jahres (f-Moll war am 26.11.17) die drei großen Brucknermessen aufgeführt! Die Aufführung an zwei Sonntagen hintereinander stellt eine besondere Herausforderung für den Chor dar, der sich das Ensemble gerne stellt.

Kommen Sie in die Jesuitenkirche, feiern Sie mit uns und den Jesuiten Liturgie, ausgestaltet mit den großen Messkompositionen unserer genialen Komponisten! Sie unterstützen damit unseren Vereinszweck, die Messen der Klassik und Romantik regelmäßig aufzuführen, was wir seit nunmehr 25 Jahren regelmäßig tun.

Hartwig Frankl, Obmann


Donnerstag, 1. November 2018, Allerheiligen: Joseph Haydn „Heiligmesse“
Die Missa Sancti Bernardi de Offida in B-Dur, genannt Heiligmesse (Hob. XXII:10), ist die zweite von Haydns sechs späten großen Messen. Er komponierte die Messe 1796, und sie wurde auch am 11. September desselben Jahres in der Bergkirche in Eisenstadt uraufgeführt. Sie ist dem Seligen Bernardo von Offida gewidmet, einem Kapuzinermönch, der 1795 seliggesprochen wurde. Ihr Beiname Heiligmesse rührt daher, dass Haydn im Sanctus die Melodie eines damals bekannten österreichischen Kirchenliedes namens „Heilig, heilig, heilig, du bist allzeit heilig“ in den Mittelstimmen verarbeitet hat.

Ohne die wundervoll stürmische Nelsonmesse hätten Haydns Messen, die abendfüllenden Londoner Symphonien und Oratorien, Die Jahreszeiten und Die Schöpfung, nicht diese Popularität erreicht. Die Werke stammen beide aus derselben fruchtbaren Periode des Komponisten zwischen 1795 und 1805 und legen Zeugnis ab für ein außerordentlich spätes Erblühen seines kreativen Genies. Die vergleichsweise große Fremdheit dieser Musik scheint doppelt unerklärlich, wenn sich der Zuhörer den bezaubernden technischen Raffinessen und der erheiternden Aufführung hingibt. Zwei Messen hatten einen Namenstag zum Anlass: die zur Feier von Prinzessin Marie Hermenegild entstandene Heiligmesse von 1796 und die Nikolaimesse, komponiert 1772 zu Ehren seines Arbeitgebers Fürst Esterházy. Dem Chor gebührt der Löwenanteil an der Heiligmesse, aber das wundervolle Team der Solisten – Cornelia Horak (Sopran), Katrin Auzinger (Alt), Gernot Heinrich (Tenor), Yasushi Hirano (Bass) – hat Gelegenheit genug, seine Sympathien für Haydns durchgängige stimmhafte Strukturen vorzustellen.

Eine Aufnahme dieser Messe ist als CD erhältlich.

Der Chor singt das Offertorium für Allerheiligen: „Justorum animae“ von Anton Salieri (1750-1825).

Justorum animae in manu Dei sunt, et non tanget illos tormentum malitiae. Visi sunt oculis insipientium mori, illi autem sunt in pace.
(Der Frommen Seelen sind in Gottes Hand und die Qual der Bosheit rührt sie nicht an. Wenn sie auch in den Augen der Unwissenden zu sterben scheinen, so sind sie aber doch im Frieden.)


Sonntag, 4. November 2018: Joseph Haydn: Kleine Orgelsolomesse
Die Missa brevis Sancti Joannis de Deo in B-Dur (Hob.XXII:7), im Volksmund „Kleine Orgelsolomesse“ genannt, zählt heute zu Haydns populärsten und meistgesungenen geistlichen Werken. Haydn schrieb die Messe für den Gedenktag des Hl. Johannes von Gott, den Gründer des Ordens der Barmherzigen Brüder, dessen Gedenktag am 8. März gefeiert wird. Mit dem Orden der Barmherzigen Brüder war Haydn freundschaftlich verbunden. Eine Anstellung als „Vorgeiger“ im Ordenshaus in der Wiener Leopoldstadt sicherte ihm nach seiner Entlassung als Sängerknabe den Lebensunterhalt. In der Ordensniederlassung in Eisenstadt nahm er öfters die ärztliche Hilfe in Anspruch. Einer der Ordensbrüder, Pater Primitivus Niemetz, Erbauer von heute noch spielbaren Flötenuhren, nahm bei Haydn Kompositionsunterricht. Das für die Spitalskirche der Barmherzigen Brüder in Eisenstadt um das Jahr 1777/78 entstandene Werk ist bescheiden dimensioniert. Die Instrumentierung mit dem Wiener Kirchentrio und die Dauer der Messe entsprechen dem Typus der Missa brevis. Das Instrument, von dem aus Haydn die Aufführung seiner Kleinen Orgelsolomesse vermutlich auch selber leitete, ist erhalten geblieben. Höhepunkt des innig schlichten Werkes bildet das Benedictus mit einer lyrisch ausgedehnten Arie für Sopran und konzertierender Orgel. Alle anderen Teile der Messe sind kurzgehalten. In Gloria und Credo greift Haydn auf die Praxis der Polytextierung, die gleichzeitige Aussprache verschiedener Textteile, zurück. Inkonsequent wird mit der Vertonung der Intonationsworte in Gloria und Credo verfahren. Im Gegensatz zum Credo werden diese im Gloria nicht in die Vertonung miteinbezogen. Gloria und Credo werden durch die Übernahme der Amen-Schlüsse motivisch verklammert. Im Agnus wird auf die gattungstypische Zweiteilung verzichtet, bei der das Dona nobis in einem rascheren Tempo auskomponiert wird. Haydn schreibt einen ausdruckstarken Adagio-Satz mit dynamischen Differenzierungen und lässt die wirkungsvolle Bitte um den Frieden im „pianissimo“ unter der Anweisung „perdendosi“ (verhallend) ausklingen. Träger des liturgischen Textes ist der überwiegend homophon gearbeitete Chorsatz. Erfahren längere Textteile im Gloria und Credo durch die Polytextierungen eine Raffung, so werden kürzere Textabschnitte wie das „Et incarnatus est“ wiederum kunstvoll ausgearbeitet. Jede Textphrase wird dabei in einem breit auskomponierten Adagio mittels musikalisch rhetorischer Figuren sorgsam dargestellt.

Eine Aufnahme dieser Messe ist als CD erhältlich.

Sopransolistin: Cornelia Horak. Am Orgelpositiv spielt Max Schamschula.
Zum Offertorium hören Sie die Kirchensonate in G-Dur, KV 274 von Mozart. Im August 1777 hat der Konzertmeister W.A. Mozart um die Entlassung aus den Diensten der Salzburger Hofkapelle gebeten, weil er in der großen musikalischen Welt sein Glück suchen wollte. Eine Reise nach Paris sollte ihm das ermöglichen. Der Erzbischof nahm das Gesuch an und dekretierte, dass er sein „Glück weiter zusuchen die Erlaubniß“ habe. Zu den letzten Werken, die er damals für die Hofkapelle geschrieben hat, zählen die Kirchensonaten KV 274 und KV 278. Ferner wird vermutet, dass in der ersten Hälfte dieses Jahres auch noch eine Messe (KV 275) und ein kleineres Kirchenmusikwerk (KV 277 Offertorium) entstanden sind. Eineinhalb Jahre später ersuchte Mozart um die Wiederaufnahme in die Salzburger Hofkapelle und wurde wieder als Hoforganist angestellt.

(Aus „Mozart sakral“, 2006)


Sonntag, 18. November 2018: Anton Bruckner – Messe Nr. 2 in e-Moll für achtstimmigen gemischten Chor und Blasorchester (WAB 27)
Mitte November. Totale Urlaubssperre. Erkrankungen von Chorsängerinnen und –sängern verboten. Total ausgeschlossen. Geht gar nicht.

Was ist das Besondere an dieser Zeit im Jahr?

Die e-Moll-Messe steht auf dem Programm. Die Chorvereinigung ist schwierige Werke gewohnt. Sie gehören zwar nicht zum „täglichen Brot“, verteilen sich aber übers Jahr ungleichmäßig in der ambitionierten Programmgestaltung unseres Chorleiters, bei der schon auch einmal 2 Bruckner-Messen, jede für sich schon keine einfache Sache, hintereinander angesetzt werden.

Die e-Moll-Messe stellt zweifellos den Höhepunkt unseres gesamten Repertoires dar, was den Anspruch an die stimmlichen Qualitäten der Mitwirkenden anlangt. Bei keiner anderen Messe stehen an so vielen Stellen die Stimmen völlig „nackt“ da, ungestützt durch Instrumente und, was die Sache noch haariger macht als bei a-capella-Literatur, nicht einmal gestützt durch die Textur der anderen Stimmen. An dieser Messe entscheidet sich, ob die Menschen in dem Chor wirklich singen können, oder – wie das ja leider vielfach passiert – nur „mitsingen“, mitschwimmen im Strom der Musik. Die e-Moll-Messe ist die Stunde der Wahrheit. Das relativ Einfache bei den anderen Orchestermessen ist: das Orchester unterstützt die Chorstimmen. Meistens. Das relativ Schwierige bei A-Cappella-Messen ist: der Chor ist ganz auf sich und seine Intonationsfähigkeit allein gestellt. Wo er jedoch am Ende „ankommt“, stört nur eine verschwindende Minderheit von Zuhörern mit absolutem Gehör. Das extra Schwierige bei der e-Moll-Messe jedoch ist: Der Chor muss die Tonführung mit äußerster Präzision beherrschen. Ob die 8 Stimmgruppen am Beginn des Sanctus die Töne tatsächlich in der richtigen Höhe zu halten vermögen, entscheidet sich, wenn nach 26 Takten kontinuierlicher Steigerung das Blech gnadenlos auf seiner richtigen Tonhöhe einsetzt und damit sofort einen doch nicht ganz so professionellen Chor enttarnt, der glaubt, er könnte halt auch die e-Moll-Messe aufführen. Oder auch einen Weltklasse-Chor ernüchtert, wenn der gerade einmal einen schlechten Tag hat.

Wie das alles zur Zeit der Uraufführung geklungen haben mag, wo an die 400 Sänger verschiedenen Geschlechts selbst die Blechbläser zudecken konnten, ist heute nur mehr schwer nachvollziehbar. Wagen wir jetzt einmal die Unterstellung, dass dabei oft/meist Qualität durch Quantität ersetzt werden musste. Laut war es in jedem Fall. Wir haben da heute doch einen etwas anderen, kammermusikalischeren Zugang. Viel kleinere Besetzungen. Der Nachteil: feinste Schwebungen, jede kleine Abweichung, treten – nicht nur – an den Pianissimo-Stellen unverdeckt zu Tage. Der Vorteil: feinste Schwebungen, jede kleine Nuance, werden an den zarten Pianissimo-Stellen hörbar und zwingen den Mitfeiernden eine der in der Jesuitenkirche üblichen Grundhaltungen geradezu auf: abheben und schweben (lt. P. Gustav Schörghofer) – oder einfach vor lauter Freude über so viel Schönheit niederknien.

Wie auch bei der f-Moll-Messe, wenn auch auf Grund der Besetzung in intimerer, mehr meditativer Weise, entfaltet Bruckner hier einen Klangraum, der die gesamte Liturgie umschließt. Wieder bedient Bruckner sich der klassischen tonalen Farbenlehre, um die im Text vermittelten Inhalte zu verdeutlichen und mit Leben zu erfüllen. Als kleines Beispiel sei hier nur der Mittelteil des ersten Satzes, Kyrie, angeführt: das Christe eleison. Wie beiläufig beginnen die „Christe“-Rufe in D-Dur und verdichten sich in den 8 Stimmen immer weiter, bevor sie, durch die Bedrängnis von e-Moll hindurch schließlich jubelnd, fortissimo, im himmlischen reinen H-Dur-Dreiklang enden. Hier steht kurz der Himmel offen, die Szene wird mit strahlendem Licht geflutet, und dann: Generalpause, Stille. Die Vision vom offenen Himmel ist zu Ende, wir sind wieder in irdischer Düsternis. Das neuerliche Kyrie beginnt wie der Anfang der Messe ganz ruhig, in nüchtern-dämmrigem e-Moll. Der Satz endet schließlich, ganz ähnlich wie das Kyrie der f-Moll-Messe, in äußerster Verhaltenheit – jedoch wie auch dort nicht niedergedrückt-resignativ, sondern in einer offenen, lauschenden Haltung.

Lassen Sie sich diese Messe in der wunderbaren Akustik der Jesuitenkirche nicht entgehen, öffnen Sie sich für diese Klangwelt Anton Bruckners und entdecken Sie selbst die vielen anderen, hier nicht beschriebenen, Höhepunkte dieses großartigen Werks.

(Martin Filzmaier)

Zum Offertorium hören Sie die Motette „Christus factus est“ von Anton Bruckner. Es ist der Anfang einer biblischen Textstelle aus dem Brief des Paulus an die Philipper (2,8–9).

Christus factus est pro nobis obediens
usque ad mortem, mortem autem crucis.
Propter quod et Deus exaltavit illum
et dedit illi nomen, quod est super omne nomen.
Christus ward für uns gehorsam
bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuze.

Daher hat ihn Gott [über alle] erhöht
und ihm den Namen gegeben, der größer ist als alle Namen.

Die Textstelle erfuhr zahlreiche Vertonungen in allen Epochen. Aus der Wiener Klassik ist ein Chorsatz von Michael Haydn überliefert.

Anton Bruckner hinterließ unter diesem Titel drei Chorwerke. Die dritte Komposition von 1884 (WAB 11) ist eine Motette für vierstimmigen gemischten Chor (SATB) a cappella in d-Moll. Sie wurde am 9. November 1884 in Wien uraufgeführt. Sie ist bei weitem die bekannteste der drei Kompositionen und zählt mitunter neben dem „Locus iste“ und dem „Ave Maria“ (WAB 6) zu Bruckners bekanntesten A-cappella-Chorkompositionen. Es ist ein anspruchsvolles Graduale, das mit chromatischen und modulatorischen Wendungen dem Passionstext hohe Ausdruckskraft verleiht.


Christkönigssonntag, 25. November 2018: Anton Bruckner – Messe Nr. 1 in d-Moll für Soli, vierstimmigen gemischten Chor, Orchester und Orgel (WAB 26)
Diese Messe schrieb Bruckner (erste Fassung 1864) unter dem Eindruck einer Aufführung von Richard Wagners Tannhäuser, und sie hätte eigentlich zum Geburtstag von Kaiser Franz Joseph I. am 18. August aufgeführt werden sollen. Aus Zeitgründen erfolgte die Uraufführung erst am 20. November desselben Jahres im Alten Dom zu Linz. Mit dieser Messe schaffte Bruckner den endgültigen Durchbruch; die Aufführung war sowohl bei Kritikern und Zeitgenossen als auch beim Publikum ein immenser Erfolg.

1876 und nochmals 1881/82 revidierte Bruckner das Werk. Da er oft erleben musste, dass Orgeln zu tief gestimmt waren, übertrug er ein kleines Orgelsolo im Credo (T. 100–110) in die Klarinetten und Fagotte. Außerdem war im Linzer Redoutensaal (1864) keine Orgel vorhanden. Heute ist diese Messe eher seltener zu hören, die f-Moll-Messe ist die beliebteste und selbst die heikle e-Moll-Messe wird öfter aufgeführt. Unter Kennern gilt sie als ein sehr originelles Werk, ist aber nicht so effektvoll wie seine beiden anderen Messen. Bruckner hält sich – wie bei allen seinen Kirchenmusikwerken – immer an die liturgischen Erfordernisse. Keines seiner Werke ist zu lang im Gottesdienst, ja manche Haydn-Messe ist länger geraten. Abweichend von der f-Moll-Messe, muss die Intonation zum Gloria und Credo vom Priester, einem Solisten oder einer Schola gesungen werden. Bruckner hat diese Textzeilen hier nicht vertont. Das entspricht durchaus katholischer Tradition. Auch wenn Bruckners geistliche Musik immer schon in Konzerten aufgeführt wurde, Bruckner komponierte sie primär für den Gottesdienst.

Der Erstdruck – erst 1892 bei Johann Gross in Innsbruck erschienen – folgt genau der Handschrift. Es ist das letzte Chorwerk, das Bruckner noch in ‚Alten Schlüsseln‘ schrieb. Die Partitur wurde auch so gedruckt, der Klavierauszug bekam aber bereits die ‚Modernen Schlüssel‘. Die Gesamtausgabe hatte dieses Werk erst 1957 vorgelegt, da es als unverändert erkannt wurde, und bei dieser Gelegenheit wurden auch die Schlüssel an heutige Gegebenheiten angepasst.

(Wikipedia)

Eine Aufnahme dieser Messe ist als CD erhältlich.

Als Solisten wirken mit: Cornelia Horak (Sopran), Annely Peebo (Alt), Daniel Johannsen (Tenor), Klemens Sander (Bass).

Zum Offertorium singt der Chor „Wer bis an das Ende beharrt“ von Mendelssohn.