Mozartschwerpunkt

Beethovens Augen
NEWSLETTER OKTOBER 2019
Liebe Freunde der Kirchenmusik!
Sehr geehrte Damen und Herren!

Der Oktober bringt uns einen kleinen Mozart-Schwerpunkt mit Loretomesse, Kleine Credomesse und Orgelsolomesse, dazu gibt es jeweils eine Kirchensonate zum Offertorium zu hören.
Update 5. Oktober: Unser Herbstkonzert müssen wir leider absagen und werden es zu gegebenem Zeitpunkt nachholen – wir ersuchen um Ihr Verständnis. Vorbestellungen werden rückabgewickelt.
Bitte kommen Sie zu uns, bringen Sie Ihre Freunde mit, machen Sie Werbung für unsere Arbeit und helfen Sie uns mit Ihrer Spende, damit die Pflege der Kirchenmusik in der Jesuitenkirche weiterhin auf hohem Niveau geschehen kann. Auch durch den Kauf von CDs mit unserem Chor unterstützen Sie uns!

Hartwig Frankl, Obmann


Sonntag, 6. Oktober 2019, 10:30 Uhr: W.A. Mozart – „Loretomesse“, KV 275
Wie nur wenige andere Vertonungen des Ordinariums verbinden die Messen Mozarts hohe künstlerische Vollendung und Klangschönheit mit den Erfordernissen der Liturgie; selbst die textreichen Sätze Gloria und Credo haben in den meisten dieser Messen einen Umfang, der dem zeitlichen Rahmen eines feierlichen Gottesdienstes auch unserer Tage noch durchaus angemessen ist. Zudem übersteigen die technischen Ansprüche an die Ausführenden kaum jemals die Grenzen dessen, was von gut geschulten Chorsängern zu bewältigen ist.
Diese Kurzmesse wird auch Marienmesse oder Loretomesse genannt. Alfred Einstein schreibt dazu: „Sie ist so intim, der Orchesterpart so bescheiden, so lyrisch, dass sie fast privaten Charakter hat.“ Vater Leopold schreibt dem Sohn nach Mannheim, dass seine B-Dur-Messe am 21. Dezember 1777 aufgeführt wurde, und der Kastrat Ceccarelli unvergleichlich gesungen habe. Die Messe wird auch als Votivmesse bezeichnet, die Mozart für den glücklichen Ausgang seiner großen Reise gelobt und geschrieben hat. Die kurze Aufführungsdauer wird u.a. durch Textüberschneidungen erreicht. In der Orchesterbesetzung, dem sogenannten „Kirchentrio“ (erste und zweite Violine, Viola, Cello und Orgel) zeigt sich die Bescheidenheit und Intimität dieser sakralen Musik. Auf damals übliche Stützung der Chorstimmen durch 3 Posaunen wird hier verzichtet.

Als Solisten hören Sie Ursula Langmayr, Katrin Auzinger, Gernot Heinrich und Yasushi Hirano.

Zum Offertorium erklingt die Kirchensonate in D-Dur, KV 245 von Mozart.
Mozarts Kirchensonaten sind einsätzige Kompositionen feierlich-fröhlichen Charakters und raschen Tempos, bestimmt für den Gottesdienst im Salzburger Dom. Dort wurden sie nach der Epistel anstelle des Gradual-Gesanges gespielt. Es war bis ins 18. Jahrhundert üblich, für den liturgischen Gebrauch beim Gottesdienst auch Instrumentalmusik vorzusehen. Erzbischof Hieronymus Graf Colloredo hat sie 1783 abgeschafft und durch den Gesang des Graduales ersetzen lassen, das bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil in der Liturgie zwischen Lesung und Evangelium vorgesehen war.
Von Mozart liegen 17 solche Kirchen-Sonaten vor, 15 davon für Streicher und Orgel und zwei für Streicher, Bläser und Orgel.
Dieselbe Registrierungsangabe wie bei KV 244 (Mozart wollte das Orgelsolo ausdrücklich mit der „Copula allein“ gespielt wissen, einem nicht lauten und flötenartig klingenden Register) steht auch beim etwas weniger exponiert konzertierenden Orgelpart dieser ebenfalls im April 1776 entstandenen Kirchen-Sonate. Während Mozart bei seinen Kirchen-Sonaten in der Regel das Manualiterspiel vorsieht, verlangt er hier einen fünf Takte lang im Pedal ausgehaltenen Ton als Orgelpunkt.

(Aus „Mozart sakral“, 2006)


Sonntag, 13. Oktober 2019, 10:30 Uhr: W.A. Mozart – „Kleine Credomesse“, KV 192
Die Missa brevis F-Dur KV 192 komponierte Mozart im Jahr 1774 für den Salzburger Dom, höchstwahrscheinlich für einen ganz normalen Sonntag. Der Chor wird nur von Streichern begleitet, die Aufgaben der Solisten sind auf kleinere Ensemble-Einwürfe zurückgedrängt. Mozart scheint die formalen Beschränkungen, die ihm auferlegt waren, als Aufgabe betrachtet zu haben, zu möglichst kreativen und interessanten Ergebnissen zu kommen. In der F-Dur-Messe ist die kontrapunktische Durchdringung besonders auffällig und reichhaltig. Für ausgedehnte Fugen war kein Platz, dennoch bringt er drei Fugati (Gloria- und Credo-Schluss sowie Osanna) unter. Von besonderer Machart ist das Credo, das durchgehend auf dem berühmten Vier-Ton-Motiv basiert, das Mozart schon in seiner ersten Sinfonie, aber auch in seiner großen Credo-Messe von 1776 und noch in seiner letzten Sinfonie, der Jupiter-Sinfonie, verwendete. Es durchzieht den ganzen Satz und ist besonders bei den immer wieder wiederholten „Credo“-Einwürfen, die der Messe den Beinamen „Kleine Credomesse“ verliehen haben, eingesetzt.

Als Solisten hören Sie Cornelia Horak, Martina Steffl, Gernot Heinrich und Klemens Sander.

Zum Offertorium hören Sie die Kirchen-Sonate in F-Dur, KV 244 von Mozart.
Diese Kirchensonate aus dem April des Jahres 1776 ist die erste von jenen fünf Kirchensonaten, in denen Mozart die Orgel konzertierend eingesetzt hat. Für Organisten ist interessant, dass Mozart das Orgelsolo ausdrücklich mit der „Copula allein“ gespielt wissen wollte, einem nicht lauten und flötenartig klingenden Register. Diese Registrierungsangabe ist vielsagend für die Intonation von Mozarts Orgel, die Akustik im Salzburger Dom sowie für die Balance und Dynamik in der damaligen Aufführungspraxis.

(Aus „Mozart sakral“, 2006)


ABENDKONZERT: Freitag, 18. Oktober 2019, 19:30 Uhr:
Gioacchino Rossini: „Petite Messe Solennelle“

Die „Petite Messe solennelle“ ist ein ausgesprochenes Spätwerk Rossinis. Er komponierte sie zwischen 1863 und 1864 im Alter von 71 Jahren als Auftragswerk für die Gräfin Louise Pillet-Will zur Einweihung ihrer Privatkapelle, wo das Werk im März 1864 uraufgeführt wurde. Die Messe gehört neben dem „Stabat mater“ zu den bedeutendsten kirchenmusikalischen Werken des Komponisten.
Schon der Titel zeigt an, dass es sich beim Verfasser um einen Menschen mit Humor handelt: „Petite Messe solennelle“ nennt Gioachino Rossini sein Werk – „kleine feierliche Messe“. Nun ja: Angesichts einer Aufführungsdauer von 80 Minuten scheint Ersteres leicht untertrieben. Und was das zweite Adjektiv betrifft, so erwartet man von einem Komponisten, der mit dem „Barbier von Sevilla“ berühmt geworden ist, mit der „Italienerin in Algier“ und dem „Türken in Italien“, eher keine weihevolle Sakralmusik.
34 Jahre liegt die Uraufführung seiner letzten Oper „Wilhelm Tell“ schon zurück, als der Wahl-Pariser und bekennende Liebhaber aller irdischen Freuden 1863 die Musikwelt mit seiner Messe verblüfft. Einem Werk, das absolut ernst gemeint ist – und doch den Unterhaltungsprofi, den genuinen Theatermann nie verleugnet. Einschließlich der vier Solisten genügen ihm 12 Sänger, die von zwei Klavieren und einem Harmonium begleitet werden, um eine der schönsten, abwechslungsreichsten Vertonungen des lateinischen Kirchentextes zu schreiben.
Die ungewöhnlich anmutende Instrumentierung steht durchaus in der neapolitanischen Cembalo-Tradition des 18. Jahrhunderts, die in Frankreich zur Zeit Rossinis gepflegt wurde. Sie bildet einen bewussten Widerspruch zum Stil groß besetzter geistlicher Kompositionen etwa bei Liszt und Bruckner.

Mitwirkende:
Cornelia Horak, Sopran; Eva-Maria Riedl, Alt; Junho You, Tenor; Klemens Sander, Bass
Maximilian Schamschula und Kirion Tellian, Klaviere; Roman Hauser, Harmonium

Der Kartenverkauf ist bereits in vollem Gange. Karten gibt es im Vorverkauf online zu bestellen (Kat. A: € 35,- und Kat. B: € 30,- )! Sie können auch per e-mail bestellen oder per Telefon unter +43 677-624 302 84 (gegebenenfalls bitte Nachricht hinterlassen), und am 13. Oktober auch nach dem Hochamt. An der Abendkassa kosten die Karten €35.- und €40.-

Sonntag, 27. Oktober 2019: W. A. MOZART – „Orgelsolomesse“ KV 259

W.A. Mozarts Orgelsolomesse KV 259 gehört zu den Messen, die er in seiner Salzburger Zeit ab 1772 im Dienst des Fürstbischofs Colloredo komponierte. Dieser hatte verfügt, dass ein Hochamt mit Messkomposition nicht länger als eine dreiviertel Stunde dauern dürfe. So musste Mozart sich in seiner Musiksprache konzentrieren, um den gesamten Ordinariumstext (Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus, Benedictus und Agnus Dei) in seiner Missa brevis (kurze Messe) unterzubringen. Die Orgelsolomesse KV 259 ist die kürzeste Messe Mozarts; der liturgische Text ist straff durchkomponiert, Wortwiederholungen zur Steigerung der Wirkung sind selten. Das Kyrie ist mit 29 Takten das kürzeste, das Mozart jemals schrieb. Im Credo führt die Kürze zu diffuser Polytextur. Das Benedictus, nachträglich um insgesamt 18 Takte gekürzt, zeichnet sich durch den solistischen Orgelpart aus, der in den vierstimmigen Vokalsatz in konzertähnlicher Form eingearbeitet ist. Der erste Teil des Agnus Dei wirkt mit seiner pizzicato begleiteten Violinmelodie wie eine Serenade.

Solisten: Cornelia Horak, Martina Steffl, Franz Gürtelschmied, Markus Volpert.

Zum Offertorium erklingt die Kirchensonate in G-Dur KV 274 von Mozart.
Im August 1777 hat der Konzertmeister W.A. Mozart um die Entlassung aus den Diensten der Salzburger Hofkapelle gebeten, weil er in der großen musikalischen Welt sein Glück suchen wollte. Eine Reise nach Paris sollte ihm das ermöglichen. Der Erzbischof nahm das Gesuch an und dekretierte, dass er sein „Glück weiter zu suchen die Erlaubniß“ habe. Zu den letzten Werken, die er damals für die Hofkapelle geschrieben hat, zählen die Kirchensonaten KV 274 und KV 278. Ferner wird vermutet, dass in der ersten Hälfte dieses Jahres auch noch eine Messe (KV 275) und ein kleineres Kirchenmusikwerk (KV 277 Offertorium) entstanden sind.
Eineinhalb Jahre später ersuchte Mozart um die Wiederaufnahme in die Salzburger Hofkapelle und wurde wieder als Hoforganist angestellt.

(Aus „Mozart sakral“, 2006)


Freitag, 1. Nov. 2019, Allerheiligen:
Joseph Haydn „Große Orgelsolomesse“ Hob.XXII:04

Kein anderer Todesfall eines Komponisten hat derartiges Aufsehen erregt wie der von Joseph Haydn (1732-1809) – wenn auch erst viele Jahre danach. Der Grund war, dass sein Schädel nach der Beerdigung aus seinem Grab verschwunden ist!
Haydn, der „Meister der Wiener Klassik“, starb vor 210 Jahren, am 31. Mai 1809 im Alter von 77 Jahren „infolge allgemeiner Entkräftung“ in seiner Wohnung in der heutigen Haydngasse 6 in Wien Gumpendorf. Drei Tag nach der Beerdigung am Hundsturmer Friedhof in Meidling – an dessen Stelle sich der heutige Haydnpark befindet – wurde der Schädel des Komponisten aus seinem Grab gestohlen. Wie sich später herausstellen sollte, hatte Joseph Carl Rosenbaum, der ehemalige Sekretär des Fürsten Esterházy, den Auftrag dazu gegeben.

Rosenbaum war ein Anhänger der sogenannten „Schädellehre“ des Arztes Franz Joseph Gall, mit deren Hilfe anhand der Kopfform Haydns Genie ergründet werden sollte. An dem fragwürdigen Unternehmen waren neben Rosenbaum auch der Totengräber, ein Gefängniswärter und zwei Magistratsbeamte beteiligt, die das Grab bei Nacht und Nebel widerrechtlich öffneten und ihm den Schädel entnahmen.

Entdeckt wurde der Diebstahl erst, als Haydns sterbliche Überreste 1820 exhumiert und in die Bergkirche nach Eisenstadt überführt werden sollten. Im Jahr 1839 wurde der Schädel durch Rosenbaums Witwe an den Arzt Karl Haller übergeben, von diesem gelangte die „schätzbarste Reliquie“ 1852 dann an den berühmten Pathologen Carl von Rokitansky, der sie ebenfalls genau untersuchte.

Rokitanskys Söhne überließen den Schädel 1895 in den „unwiderruflichen immerwährenden“ Besitz der Gesellschaft der Musikfreunde, die ihn neuerlich untersuchen ließ, und zwar durch den Anatomen und Wiener Gesundheitsstadtrat Julius Tandler.

Immerhin gelang es Tandler durch einen Vergleich mit Haydns Totenmaske die Echtheit des Schädels nachzuweisen. Im Jahre 1954 kam unter den Klängen der „Kaiserhymne“ endlich zur feierlichen Beisetzung des Schädels in Haydns Grab in der Bergkirche zu Eisenstadt und damit zur Vereinigung mit den restlichen Gebeinen des Komponisten.

(Georg Markus, Kurier, 2019)

Von Haydns insgesamt 12 erhalten gebliebenen Messen entstanden elf während seiner Tätigkeit als Kapellmeister im Dienste der Fürsten Esterházy in Eisenstadt. 1766 starb Oberkapellmeister G.J. Werner, Haydn wurde 1. Kapellmeister, und es oblag ihm nun auch die Betreuung der Kirchenmusik am fürstlichen Hof. Als Dank für seine Ernennung schrieb er eine Messe und widmete sie der Gottesmutter. Bislang nahm man an, dass es sich dabei um die „Missa in honorem Beatissimae Virginis Mariae“ (Große Orgelsolomesse in Es) gehandelt habe. Neuerdings vertreten einige Musikwissenschaftler die Meinung, es wäre die „Cäcilienmesse“ aus diesem Anlass entstanden und verlegen die Messe in die Jahre 1768/69. Da der erste Teil des Autographs (Kyrie, Gloria, Credo) verschollen ist, können wir uns hinsichtlich des genauen Titels des Werkes nur auf die Eintragungen im Entwurf-Katalog beziehen: „Missa in honorem B.M.V.

Die Besetzung des Ordinariums entspricht dem Stand der fürstlichen Kapelle in den Jahren 1760/1770: 2 Englischhörner, 2 Hörner, Fagott, Streicher (ohne Violen), konzertierende Orgel, vier Solostimmen, gemischter Chor. Das Konzertieren der Orgel erfolgt nicht in allen Sätzen, eine dominierende Rolle spielt sie im Kyrie und im Benedictus, kleinere Orgelsoli finden sich am Ende von Gloria und Credo und im Dona nobis. Die Grundtonart des Werkes – Es-Dur – finden wir in der Kirchenmusik Haydns selten. Von den Messen steht nur die „Große Orgelsolomesse“ (zur Unterscheidung von der „Missa brevis Sancti Joannis de Deo“ = „Kleine Orgelsolomesse“ so genannt) in dieser ernsten Tonart. Die reiche kontrapunktische Arbeit zeigt den noch jungen Meister in der besten österreichischen Kirchenmusiktradition, in der die Chorfugen am Ende von Gloria und Credo (in dieser Messe auch im Dona nobis) auch nach der Stilwende um 1750 ihren festen Platz hatten.
Dem spätneapolitanischen Stil verpflichtet sind manche Soloteile, allerdings gelingt es Haydn immer, opernhaftes Gepräge zu vermeiden und die Grundstimmung des Textes auszuloten. Dies gilt auch für die tonmalerischen Elemente der Messe: Beginn des Gloria (piano, unisono bei „Et in terra“), auf das „Crucifixus“ (chromatischer Quartfall), auf das „Et resurrexit“ (aufsteigender Dreiklang), auf „sedet ad dexteram“ (Liegeton) und auf das plötzlich eintretende Moll bei „et mortuos“ verwiesen.

Auffallend ist, dass diese frühe Messe Haydns im 19. Jahrhundert sehr unterschiedlich bewertet wurde. Vollkommene Ablehnung und höchstes Lob stehen diametral gegenüber. Heute ist man sich einig, dass die „Große Orgelsolomesse“ eines der edelsten, gehaltsvollsten und andächtigsten Kirchenmusikwerke Haydns ist.