Chronik 1993-2003

2003

10 Jahre Chorvereinigung St. Augustin

Mit einem Festgottesdienst, musikalisch umrahmt mit der Waisenhausmesse (CD) von W.A. Mozart, feiern wir am 26. Jänner 2003.

10 Jahre Chorvereinigung St. Augustin bedeutet 10 Jahre Kirchenmusik in der Jesuitenkirche (Universitätskirche) – das sind nahezu 500 mit großer Kirchenmusik gestaltete Gottesdienste, zahlreiche Konzerte und begeistert aufgenommene CD-Aufnahmen in der Kirche.

Mit großer Kirchenmusik geht unser Jubiläumsprogramm weiter: unter anderem mit Franz Schuberts Großer Messe in Es-Dur, drei großen Messen von Joseph Haydn, der Großen Messe in f-Moll von Anton Bruckner (Pfingstsonntag) und der Großen Messe in C-Dur von Ludwig van Beethoven.

Zwei Konzerte mit dem Oratorium „Der Messias“ von Georg Friedrich Händel finden in der Zeit der Wiener Festwochen statt (CD).

DepardieuEnde Juni ist Gerard Depardieu in Carnuntum. Seine Lesung aus den „Confessiones“ des Augustinus begleiten wir mit Motetten von Heinrich Isaac und Anton Bruckner. Von der Regie durch das finstere Amphitheater gehetzt, können wir den Abend leider nicht genießen.

Im Herbst werden in einer Abendmusik das Te-Deum von Anton Bruckner und das Requiem von W.A. Mozart aufgeführt und eingespielt.

wolfNach der Mitternachtsmette am 24. Dezember legt Prof. Friedrich Wolf seine Funktion als Musikalischer Leiter der Chorvereinigung St. Augustin zurück. Fast fünfzig Jahre seines Lebens hat Prof. Wolf der Kirchenmusik gewidmet, vierunddreißig davon der Chorvereinigung St. Augustin.

Als junger Chorleiter übernahm er 1957 den Chor der Servitenkirche und leitete von 1969 bis 1993 den Chor der Augustinerkirche. Die allsonntäglichen Orchestermessen waren bald über die Augustinerkirche hinaus im In- und Ausland bekannt, nicht zuletzt durch zahlreiche Schallplattenaufnahmen, Rundfunk- und Fernsehübertragungen. 1993 mußte er die Augustinerkirche verlassen und der Chor folgte ihm.

Er begründete mit einigen beherzten Chormitgliedern die Chorvereinigung St. Augustin und fand in der Jesuitenkirche eine neue Wirkungsstätte, wo er bis zum 24.12.2003 blieb. Prof. Wolf hat als Regens Chori der Chorvereinigung Werke des „Thesaurus musicae sacrae“ auf hohem Niveau einstudiert und interpretiert und damit sehr vielen Menschen Freude bereitet. Er war eine unverwechselbare musikalische Erscheinung des Wiener Musiklebens, der die klassische Wiener Kirchenmusik zu neuem Leben erweckt hatte und selbst zur Institution geworden war.

Die Chorvereinigung St. Augustin verdankt Herrn Prof. Wolf und seiner Frau, die sein musikalisches Leben immer mitgetragen hat, sehr viel und dankt ihnen dafür.

2002

Die berühmtesten Messen Mozarts stehen im Mittelpunkt unseres Programmes 2002. Aber auch die großen Messen Franz Schuberts (Messe in As-Dur, Messe in Es-Dur), Ludwig van Beethovens Große Messe in C-Dur und Joseph Haydns Harmoniemesse erklingen im Rahmen der Liturgie.

In der Zeit der Wiener Festwochen laden wir zu dem Besuch eines Konzertes mit dem Werk „Ein deutsches Requiem“ von Johannes Brahms ein.

brahms_chronikWieder in Zusammenarbeit mit dem ORF-Landesstudio Wien wird „Ein deutsches Requiem“ von Johannes Brahms in der Jesuitenkirche (Universitätskirche) auf CD eingespielt. Die CD mit den Solisten Ildiko Raimondi, Sopran, und Wolfgang Bankl, Bass, erscheint im Oktober.

Am 8. Dezember gibt es eine Aufführung der „Missa brevis“ von Franz Xaver Frenzel, die der Komponist mit einem der Chorvereinigung St. Augustin gewidmeten „Credo“ ergänzt hat.

2001

Am 29. Jänner 2001 starb Max Weiler. Bei der offiziellen Trauerfeier in der Dr.-Karl-Lueger-Gedächtniskirche auf dem Wiener Zentralfriedhof können wir mit Joseph Haydns Mariazellermesse von dem großen Maler Abschied nehmen.

Schwerpunkte unseres Programmes in diesem Jahr sind die Messvertonungen Joseph Haydns. Elf der zwölf erhaltenen Messen werden im Rahmen der Gottesdienste aufgeführt.

Die „Caecilienmesse“ und das „Stabat Mater“ werden in zwei Konzerten dargeboten.

haydn_chronikDie „Schöpfungsmesse“ und die Missa in honorem St. Joannis de Deo („Kleine Orgelsolomesse„) werden, wieder in Zusammenarbeit mit dem ORF – Landesstudio Wien, in der Jesuitenkirche auf CD eingespielt.

2000

Kirchenmusikwerke der Romantik stehen 2000 im Zentrum der Chorarbeit. In den Hochämtern bringen wir u.a. die Messe in f-Moll von Anton Bruckner und die Messen in D-Dur von Antonin Dvorák und Otto Nicolai zu Gehör.

Ein deutsches Requiem“ von Johannes Brahms steht im Mittelpunkt einer Abendmusik. Mit der Aufführung von drei Violinkonzerten und zwei Kantaten gedenken wir des 250. Todestages von Johann Sebastian Bach.

Auf Einladung der Stadt Legnago, der Geburtsstadt von Antonio Salieri, bringen wir im „Teatro Salieri“ in einem Gedenkkonzert zum 250. Geburtstag Antonio Salieris Gradualien und Offertorien und die „Hofkapellmeistermesse“ des Meisters zur Aufführung.

waisenhausmesseIn Zusammenarbeit mit dem ORF (Radio Wien) können wir noch vor Weihnachten im Haus der Musik unsere neue CD mit der „Waisenhausmesse“ und dem „Te Deum“ von W.A. Mozart präsentieren. Wieder ist die Jesuitenkirche (Universitätskirche) der Aufnahmeort.

1999

salieri_hofkapellmeistermesseDie Neueinstudierung der Orgelsolomesse von W. A. Mozart und der Messe in D-Dur („Hofkapellmeistermesse„) von Antonio Salieri mit anschließender CD-Aufnahme (wieder in Zusammenarbeit mit dem ORF – Radio Wien) zählt gewiß zu den Höhepunkten im Jahr 1999. Die Aufnahme findet in der Jesuitenkirche (Universitätskirche) statt.

Somit hat die Chorvereinigung nicht weniger als 22 Messen auf Tonträger eingespielt:
• vier Messen von Joseph Haydn
• fünf von W.A. Mozart
• alle sieben Messen von Franz Schubert
• eine Messe und das Requiem von Anton Bruckner
• und je eine Messe von Antonio Salieri, Ludwig van Beethoven und Antonín Dvorák.

Im Rahmen eines Hochamtes im Wiener Stephansdom gestaltet die Chorvereinigung St. Augustin gemeinsam mit den Wiener Symphonikern die „Missa solemnis“ von Professor Hanns Soler zu dessen 90. Geburtstag.

Während eines Hochamtes mit der Messe in e-Moll von Anton Bruckner im Stift St. Florian (Oberösterreich) können wir das „Magnificat“ von Richard J. Bing zur Welturaufführung bringen.

Nach der Sommerpause wird die Messe in c-Moll („Missa sacra“) von Robert Schumann einstudiert und dem Publikum in einem Konzert in der Wiener Universitätskirche vorgestellt.

Am dritten Adventsonntag gibt es eine Aufführung der „Missa brevis“ von Franz Xaver Frenzel.

1998

In der ersten Hälfte des Jahres 1998 führt die Chorvereinigung St. Augustin die sechs großen Messen von Joseph Haydn (Paukenmesse, Heiligmesse, Nelsonmesse, Theresienmesse, Schöpfungsmesse und Harmoniemesse) in der Jesuitenkirche (Universitätskirche) im Rahmen der Sonntagsgottesdienste auf.

Mit der konzertanten Darbietung der „Schöpfung“ wird der Zyklus „Joseph Haydn in der Jesuitenkirche (Universitätskirche)“ komplettiert.

chronik09Im Sommer widmet sich der Chor der Einstudierung einiger Motetten von Franz Liszt, Johannes Brahms und Anton Bruckner sowie der Missa super „Un Gay Bergier“ von Jacobus Gallus. Dieses Programm wird in zwei Konzerten in Perugia und Todi (Italien) erstmals vorgestellt.

liszt motettenDie Motetten von Franz Liszt sind gemeinsam mit Ludwig van Beethovens Großer Messe in C-Dur auf der neuen, in Zusammenarbeit mit dem ORF – Radio Wien in der Jesuitenkirche aufgenommenen CD erhältlich. Die Präsentation dieser CD findet im Theatermuseum Wien statt.

1997

schubertRechtzeitig zur 200. Wiederkehr von Franz Schuberts Geburtstag am 31. Jänner 1997 erscheint die Große Messe in F-Dur auf CD, womit die Chorvereinigung St. Augustin als einziger österreichischer Chor alle sieben Messen dieses Komponisten aufgenommen hat. Alle diese Messen werden 1998 im Rahmen der Gottesdienste in der Jesuitenkirche (Universitätskirche) in der Reihenfolge ihrer Entstehung aufgeführt werden.

Während der Feiern in der Schubertkirche (Pfarrkirche Wien-Lichtental) bringen wir im Rahmen der Liturgie vier Mal eine Messe von Franz Schubert zur Aufführung.
Wir singen die Messe in B-Dur, die Messe in C-Dur, die Messe in G-Dur und die Deutsche Messe in der Originalfassung mit Bläsern.

messiasTriumphaler ,Messias‘ in der Basilika San Vittore: Standing ovations, fünf Minuten ununterbrochener Applaus und ein Regen von ,Bravi‘ wurden Friedrich Wolf und seiner Wiener Chorvereingung St. Augustin vom Varesiner Publikum zuerkannt, das sich zum gewohnten Abschlußkonzert der örtlichen Festwochen in der Basilika San Vittore versammelt hatte. Eine tadellose Aufführung, die dem Triumph der Ästhetik und der baulichen, sichtbaren Schönheit wie einen Gegenaltar einen händelschen ,Messias‘ – nach den ,undeutschen‘ Prinzipien von Einfachheit und spiritueller Demut geformt – gegenüberstellte.“ So enthusiastisch urteilt die Zeitung „La prealpina“ nach unserem Konzert in Varese (Italien).

Weitere Konzerte mit dem „Messias“ folgen in der Jesuitenkirche-Universitätskirche in Wien und in der Stadtpfarrkirche St. Xaver in Leoben.

Im Herbst 1997 erhalten wir endlich wieder ein geeignetes Probenlokal in unmittelbarer Nähe zur Universitätskirche, das uns neben einer brauchbaren Akustik und versperrbaren Kästen für die Lagerung von Notenmaterial auch die Möglichkeit zu einem gemütlichen Umtrunk nach der Chorprobe bietet, ohne noch eine Gaststätte aufsuchen zu müssen.

festschriftAm 26. Oktober feiern wir mit Prof. Wolf in der Universitätskirche mit der Großen Messe in C-Dur von Ludwig van Beethoven dessen 40jährige Tätigkeit als Regens Chori und Dirigent.

In ihrer fünfjährigen Geschichte ist es der von Friedrich Wolf geleiteten Chorvereinigung St. Augustin auch unter ihrem neuen Namen gelungen, als eines der führenden österreichischen Kirchenmusikensembles anerkannt zu werden.

So freut es uns ganz besonders, daß der ORF die dem Gedenken an den vor 400 Jahren verstorbenen Jesuitenpater Petrus Canisius gewidmete Christmette 1997 aus der Jesuitenkirche (Universitätskirche) live ins In- und Ausland überträgt. Für diesen von Weihbischof Dr. Helmut Krätzl zelebrierten festlichen Gottesdienst hat Prof. Wolf die Große Credomesse von Wolfgang Amadeus Mozart als passende musikalische Umrahmung ausgesucht. In seiner Homilie bezieht sich Weihbischof Krätzl auf das „Credo“ dieser Messe, in der Mozart dieses Wort an die 60mal vertont hat, und zitiert Petrus Canisius: „Pro universo fidelium coetu betet er, also für die ganze Kirche und für jeden von uns, daß wir alles Alte ablegen und mit Christus gleichsam neu geboren und in seinem Geist erneuert, die Berufung, die jeder von uns hat, mit größerem Eifer anpacken und wieder neu voranschreiten„.

1996

Im Bruckner-Jahr 1996 widmet sich die Chorvereinigung insbesondere der Neueinstudierung und Aufführung von kirchenmusikalischen Werken Anton Bruckners. Besonders die e-Moll-Messe mit ihren vieltaktigen a-cappella-Stellen und der teilweise achtstimmigen polyphonen Konzeption stellt besondere Ansprüche an Sänger und Musiker.

bruckner motettenDieses Werk und einige Motetten Bruckners stehen auch auf dem Programm einer Konzertreise in die Städte Brixen, Bozen und Trient. „Die Südtiroler Illustrierte“ schreibt über das Konzert in Brixen: „Es war ein Konzert auf hohem Niveau, das in seiner Wirkung den Zuhörer in Staunen versetzte. So hätte es auch dem gottesfürchtigen Anton Bruckner gefallen„.

Vor allem in Trient gelingt es uns, das Publikum in enthusiastische Stimmung zu versetzen: Schon auf die ersten Motetten folgt minutenlanger Applaus, nach der e-Moll-Messe kennt die Begeisterung kaum noch Grenzen, und Prof. Wolf wird von Autogrammjägern bestürmt.

In Wien wird das Programm der Südtirolreise noch einmal aufgeführt, und aus den Mitschnitten der Konzerte entsteht die erste Live-CD der Chorvereinigung St. Augustin.

brucknerAm 11. Oktober 1896 starb Anton Bruckner im Wiener Belvedere; hundert Jahre später ist der Marmorsaal dieses Schlosses würdiger Rahmen für eine Gedenkstunde, bei der den Festgästen von der Chorvereinigung St. Augustin ein a-cappella-Programm mit Motetten Anton Bruckners und der Uraufführung zweier Motetten des zeitgenössischen Komponisten Ulf D. Soyka zu Gehör gebracht wird.

Am Abend desselben Tages folgt in der Universitätskirche ein von Erzbischof Christoph Schönborn zelebriertes Pontifikalamt zu Ehren Anton Bruckners mit der Aufführung der Großen Messe in f-Moll.

Der zweite Schwerpunkt im Jahr 1996 ist Joseph Haydn gewidmet. Im Rahmen der Haydn-Tage Wien wird der „Hymnus de Venerabili“ und die „Schöpfungsmesse“ in einem Konzert geboten.

Danach studiert der Chor das „Stabat Mater“ von Joseph Haydn wieder ein und führt es in einem Konzert des „Wiener Klangbogen“ sowie in der Stiftskirche Waldhausen/OÖ und in Altmünster/OÖ (im Rahmen der Gmundner Festspiele) auf.

1995

Von 1995 bis heute singt die Chorvereinigung beinahe jeden Sonntag in der Jesuitenkirche (Universitätskirche), wo sie nach den Jahren der „Wanderschaft“ ihre neue Heimat gefunden hat. In der Minoritenkirche finden, abgesehen von der Mitgestaltung der Hochfeste Ostern und Weihnachten, nur mehr einzelne Konzerte statt.

So wird für eine Abendmusik die Große Messe in As-Dur von Franz Schubert einstudiert. Diese Messe wird dann auch in der Dr.-Karl-Lueger-Gedächtniskirche am Zentralfriedhof und in der Kirche St. Georg-Kagran im Rahmen eines Hochamtes aufgeführt.

waldhausenWährend einer Chorwoche im Sommer wird Händels „Messias“ erarbeitet. Die beiden Konzerte mit diesem Werk in der Stiftskirche von Waldhausen/OÖ. und in Wien (Minoritenkirche) stellen gewiss einen Höhepunkt in der Geschichte der Chorvereinigung dar.

Ein anderer Höhepunkt geht am Abend des 18. Juni über die Bühne: Wir dürfen gemeinsam mit Luciano Pavarotti und der Budapester Philharmonie vor 17.000 begeisterten Zuhörern im Hof des Schönbrunner Schlosses musizieren. Die Chorvereinigung singt an diesem Abend den Osterchor aus Mascagnis „Cavalleria rusticana„, den Chor der Triumphszene aus „Aida“ und die Schlusskadenz „All’armi“ der Stretta aus „Il trovatore„.

1994

Im Jahr 1994 hat die Chorvereinigung ein erstes wichtiges Ziel erreicht – Wir singen wieder jeden Sonntag im Rahmen eines Hochamtes abwechselnd in der Minoritenkirche und in der Jesuitenkirche (Universitätskirche).

Mit Akribie hat Prof. Wolf in seiner Chronik für das Jahr 1994 nicht weniger als 51 musikalisch gestaltete Gottesdienste und 11 Konzerte vermerkt. Darunter findet sich ein Konzert in der Minoritenkirche mit Werken von Anton Bruckner (Große Messe in f-Moll und Te Deum) und ein Benefizkonzert für die Renovierung der Votivkirche mit Werken von Anton Bruckner und Antonin Dvorak.

1993

Die Trennung von St. Augustin

Für die „länger dienenden“ Chorsänger und vor allem natürlich für den Chorleiter war das Jahr 1993 ein tiefer Einschnitt: das Jahr des Exils. Wenn man zu einer bekannten, gar berühmten, Wiener Institution gehört – wie etwa vormals der Kirchenmusik von St. Augustin -, neigt man dazu zu glauben, daß diese Einrichtung (wahrscheinlich) immer so bestanden hat und (voraussichtlich) auch immer weiter so bestehen wird. Dieser Glaube ist jedoch eine Täuschung, und dementsprechend enttäuscht waren auch die Mitglieder des früheren „Augustinerchores“, als sie sich am letzten Sonntag im Jänner 1993, wie an jedem Sonn- und Feiertag über Jahrzehnte, zum Einsingen für die Gestaltung des 11-Uhr-Hochamtes in ihrem Probenraum im ersten Stock des Augustinerkonvents, dem Augustinus-Saal, versammelten. Dort teilte ihnen der zuständige Pfarrer nämlich mit, daß ihre musikalische Gestaltung der Meßfeier nicht mehr erforderlich wäre, da bereits ein anderes Ensemble für diesen Zweck bestellt worden sei, und zwar für „jetzt und für die nächsten Sonntage“.

Danach, irgendwann in der Fastenzeit, so wurde mitgeteilt, wäre man sehr willkommen, wieder mitzusingen, allerdings unter neuer Leitung und ohne jene Person, die den Chor zu dem gemacht hat, was er heute (immer noch) ist. Diese Person, der Regens Chori von St. Augustin, Friedrich Wolf, war nämlich, für die meisten Beteiligten völlig überraschend, vom Pfarrer handstreichartig seines Amtes enthoben worden.

Der Chor ging mit seinem Leiter ins Exil. Im diesfalls schlechtesten Sinn des Wortes „von heute auf morgen“ stand nun eine Gruppe von über 70 Chorsängerinnen und -sängern „auf der Straße“. Die Chormitglieder, die sich größtenteils seit Jahren, vielfach auch seit Jahrzehnten, Verdienste – wenn auch keine materiellen! – im Dienst an Kirche und Kirchenmusik erworben hatten, waren plötzlich ohne kirchliche Heimat. Und dem Chor als Ensemble fehlte auf einmal alles üblicherweise zum „Überleben“ Notwendige: Es gab weder ein Probenlokal noch einen „Auftrittsort“, das heißt, eine geeignete Kirche, wo man hätte singen können. – Und, vielleicht am schlimmsten, es gab keine Noten! Das über die Jahre von Professor Wolf für Chor und Orchester eingerichtete Notenmaterial wurde in St. Augustin unzugänglich unter Verschluß gehalten.

M. Filzmaier

Der Neuanfang der Chorvereinigung St. Augustin

Wie oft hat der Chor von St. Augustin in den Jahren bis 1993 das Mozartrequiem aufgeführt! Am Abend des 11. März, so haben es viele von uns in Erinnerung, erfasst Sänger, Musiker und Publikum gleichermaßen eine eigenartige Stimmung, als wir – die eben erst gegründete Chorvereinigung St. Augustin – dieses einzigartige Werk in der Minoritenkirche unseren treuen Anhängern im Rahmen der Haydn-Tage zu Gehör bringen dürfen.

Man könnte meinen, eine Institution, die sich jahrzehntelang bestens bewährt hat, wird nach ihrem plötzlichen Ende gleichsam zu Grabe getragen. Doch schon die Tatsache, daß die Sängerinnen und Sänger des nun nicht mehr bestehenden Chores von St. Augustin überhaupt an jenem Abend nahezu vollzählig versammelt sind und gemeinsam musizieren (und daß dies eintritt, hätte wohl sechs Wochen zuvor niemand geglaubt) beweist, daß auf den Trümmern des Vergangenen schon etwas Neues im Begriff ist zu entstehen.

So stellt sich nach und nach die Zuversicht ein, daß die Chorvereinigung St. Augustin auch unter den völlig veränderten neuen Umständen eine Zukunft hat – vielleicht sogar eine einzigartige Chance zu einem Neubeginn, der sich, im nachhinein betrachtet, als vorteilhaft für den Chor erweisen wird.

Bis für die Chorvereinigung wieder eine einigermaßen geregelte Situation eintritt, ist es aber noch ein weiter, beschwerlicher Weg.
Zunächst fehlt es ja am Nötigsten: es sind keinerlei finanzielle Mittel, kein geeignetes Probenlokal und kein Notenmaterial vorhanden – und vor allem mangelt es am Wichtigsten: Es zeigt sich rasch, daß es äußerst schwierig ist, für ein Kirchenmusikensemble von der Größe der Chorvereinigung sowohl eine baulich geeignete Kirche in zentraler Lage als auch eine Pfarre zu finden, die an der regelmäßigen musikalischen Mitgestaltung der Gottesdienste durch einen namhaften Chor überhaupt interessiert ist.
In dieser Zeit des „Asyls“ haben wir neben zahlreichen Enttäuschungen auch viel Unterstützung von verschiedenen Seiten erfahren.

Da der Chor nun keine feste Heimstatt mehr hat, können Einladungen in verschiedene Kirchen wahrgenommen werden, etwa in die Pfarre St. Rochus im dritten Bezirk, nach St. Georg in Kagran, bald auch in die Votivkirche, die Malteserkirche und die Minoritenkirche.

chronik20Am 13. Mai folgt mit Franz Schuberts Es-Dur Messe schon das nächste Konzert in der Minoritenkirche, und es zeigt sich, daß uns viele Kirchenmusikfreunde ins „Exil“ gefolgt sind. Langsam beginnen sich auch die positiven Auswirkungen unserer Vereinsarbeit unter der Führung unseres Obmannes Dr. Otto Grumbeck bemerkbar zu machen. Zunächst wissen die Kirchenmusikfreunde ja gar nicht, wo wir auf einmal hingekommen sind. Erst nach und nach spricht sich herum, daß es uns noch gibt, und daß auch die Möglichkeit besteht, als förderndes Mitglied über unsere Aktivitäten regelmäßig informiert zu werden.

Zum Jahresende 1993 kann die Chorvereinigung St. Augustin auf ein erstes erfolgreiches Jahr zurückblicken: ein Pontifikalamt in der Klosterneuburger Stiftskirche mit Kardinal Groer; zwei Aufführungen der D-Dur-Messe von Antonín Dvorák, eine beim Ost-West-Festival in Krems (1. August) und eine anläßlich eines Pontifikalamtes mit den Bischöfen Georg Eder und Donato Squicciarini im Dom zu Salzburg am 24. Oktober.

chorchronikAls musikalischen Höhepunkt dieses Jahres kann die Chorvereinigung am 30. Oktober die „Missa“ des amerikanischen Kardiologen und Komponisten Richard Bing im Wiener Stephansdom zum ersten Mal in Europa aufführen. Für viele von uns stellt die Beschäftigung mit der Tonsprache Bings, eines Schülers von Carl Orff, musikalisches Neuland dar, und daher sind viele Proben und eine Chorwoche nötig, bis schließlich mit der Aufführung im Rahmen eines von Bischof Christoph Schönborn zelebrierten Pontifikalamtes ein beachtlicher Erfolg erzielt werden kann, der auch auf CD dokumentiert ist.

Im Dezember tritt die Chorvereinigung beim Heurigen „Wolf“ in Neustift am Walde an einem für einen Kirchenchor doch etwas ungewöhnlichen Ort vor die Fernsehkamera, um für die Weihnachtssendung „Licht ins Dunkel“ einige Adventlieder und Motetten aufzunehmen. Mit einem Mal erfährt eine breite Öffentlichkeit, daß es uns gelungen ist, uns zu konsolidieren, und daß die Qualität unserer musikalischen Darbietungen unter den unerfreulichen Ereignissen nicht gelitten hat.

Eugen Lindorfer