Große Messen von Mozart und Haydn

Mozart und Haydn

NEWSLETTER APRIL 2017
Liebe Freunde der Kirchenmusik!
Sehr geehrte Damen und Herren!

Mit Ostern beginnt wieder die Saison der Orchestermessen in der Jesuitenkirche. Und es sind wahre Schätze, die auf Sie warten, mit den Highlights Haydns „Heiligmesse“, Mozarts Große Messe in c-Moll, C. M. v. Webers „Jubelmesse“, die seit 10 Jahren von uns nicht mehr aufgeführt wurde, Puccinis „Messa di Gloria“ und Schuberts Messe in Es-Dur.

Die Informationen für die „Missa dolorum“ von Michael Haydn, die wir am Palmsonntag singen, entnehmen Sie bitte dem Newsletter März.

Zur Auferstehungsfeier in der Osternacht bringen wir die beliebteste aller Messen zur Aufführung: Mozarts Krönungsmesse und natürlich das „Halleluja“ aus dem „Messiah“ von G. F. Händel zum Schluss.

Weiters möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass der Kartenvorverkauf für unser nächstes Konzert, das „Stabat mater“ von Antonín Dvořák am 16. Mai, in vollem Gange ist. Bitte sichern Sie sich rechtzeitig Ihre Eintrittskarten unter 0664-336 6464 oder e-Mail: bestellung(at)chorvereinigung-augustin.com

 

Karsamstag, 15. April 2017, Osternacht (Beginn 21 Uhr):
W.A. Mozart „Krönungsmesse“ KV 317

Die Missa in C-Dur KV 317, unbegründeterweise „Krönungsmesse“ genannt, zählt zu den beliebtesten und am meisten aufgeführten Werken ihrer Gattung und gehört zum Typus der „Kurz-Messen“. Das in vieler Hinsicht aufschlussreiche Autograph der Messe galt nach dem Zweiten Weltkrieg als verschollen, befindet sich jedoch, wie erst Ende der 1970er Jahre bekannt wurde, in der an musikalischen Schätzen reichen Biblioteka Jagiellonska in Kraków.

Komponiert wurde sie im März 1779, und wurde wohl zu Ostern 1779 im Salzburger Dom uraufgeführt. Charakteristisch für diese aus sechs Teilen bestehende Messe sind ihre sinfonischen Elemente und die klare Trennung von Solo- und Chorstimmen.  Durch ihre musikalische Aussagekraft überragt sie alle anderen Salzburger Messen.

Das Gloria folgt hier dem Aufbau eines Sonatensatzes, das Credo dem eines Rondos. Das Agnus Dei schließlich besteht aus einem wundervollen Sopran-Solo, dessen Thema die Arie der Gräfin („Dove sono“) in der Hochzeit des Figaro vorwegnimmt.

Als Solisten wirken mit: Cornelia Horak (Sopran), Hermine Haselböck (Alt), Alexander Kaimbacher (Tenor) und Yasushi Hirano (Bass).

Und zum Schluss: Händels „Halleluja“ aus dem „Messiah“.

 

Sonntag, 23. April 2017: Joseph Haydn „Heiligmesse“
Missa Sancti Bernardi de Offida in B-Dur, Hob. XXII:10

Joseph Haydn hatte fast seine gesamte Musikerlaufbahn in den Diensten der mächtigen österreichisch-ungarischen Fürstenfamilie Esterházy verbracht, ehe er seine größten Erfolge als freiberuflicher Komponist in London feierte – mit über 60 Jahren. Seine letzten Schaffensjahre verbrachte der Begründer der Wiener Klassik – immer noch voller Tatendrang – wieder in Wien und in Diensten der Esterházys, denen mittlerweile ein deutlich religiöserer Fürst vorstand. So erklärt sich, warum Haydn im Spätherbst seiner Karriere seinen Schwerpunkt zum ersten Mal auf die Sakralmusik legte. Zwischen 1794 und 1802 entstanden „Die Schöpfung“ sowie sechs große Messen.

Die Missa Sancti Bernardi de Offida in B-Dur, genannt Heiligmesse (Hob. XXII:10), ist die zweite seiner sechs großen Messen. Sie gehört zu den schön­sten, aber auch sel­ten musi­zierten Vertonungen des lateinischen Mess­ordi­nariums. Haydn kompo­nier­te die Messe 1796, und sie wurde auch am 11. Sep­tem­ber desselben Jahres in der Berg­kirche in Eisenstadt ur­aufgeführt. Sie ist dem Seli­gen Bernardo von Offida ge­wid­met, einem Kapuziner­mönch, der 1795 selig gesprochen wurde.

Newsletter2017-04 Heilig HeiligIhr Beiname Heiligmesse rührt daher, dass Haydn im Sanctus die Melodie eines damals bekannten österreichischen Kirchenliedes namens Heilig, heilig, heilig, du bist allzeit heilig in den Mittelstimmen verarbeitet hat.

Als Solisten sind zu hören: Cornelia Horak, Katrin Auzinger, Daniel Johannsen und Klemens Sander.

Zum Offertorium: Mendelssohn „Jauchzet dem Herrn alle Welt“

 

Sonntag, 30. April 2017: W.A. Mozart „Große Messe in c-Moll“ KV 427

In einem Brief an seinen Vater vom 4. Januar 1783 erwähnt Mozart das Gelöbnis, das er “ganz vür sich in seinem Herzen“ getan hat, als Danksagung für die Genesung seiner Verlobten Constanze Weber ein Werk zu komponieren. Er schreibt, dass das Werk, das sehr gut zu werden verspreche, bereits zur Hälfte fertig sei. Losgelöst von allen kirchlichen Einschränkungen der Salzburger Zeit beginnt Mozart im Sommer 1782 mit der Komposition der c-Moll-Messe. Der für eine Kantatenmesse typische Wechsel von in sich abgeschlossenen monumentalen Chören, sowie virtuosen Arien bzw. Solo-Ensembles ist das Ergebnis seiner Beschäftigung mit der Polyphonie Bachs und Händels, deren Musik er in Wien durch die Vermittlung des Barons Gottfried van Swieten kennenlernte. Als Mozart Ende Juli 1783 die immer wieder aufgeschobene Reise nach Salzburg antritt, um dem Vater und der Schwester seine Frau Constanze vorzustellen, bringt er die fertigen Teile der Messe mit. Vollendet hat Mozart das “Kyrie“, das “Gloria“, das “Credo“ bis einschließlich “Et incarnatus“ und das große Soloquartett des “Benedictus“. “Sanctus“ und “Hosanna“ sind bloß in fünf Stimmen fertiggestellt, obgleich es sich eigentlich um achtstimmige Doppelchöre handelt. Der Schlussteil des “Credo“ und das “Agnus Dei“ fehlen ganz. Am letzten Tag seines Aufenthaltes in Salzburg wird das Messfragment unter Mozarts Leitung im Rahmen einer Liturgiefeier in St. Peter mit Constanze als erster Sopranistin uraufgeführt. Nach seiner Abreise aus Salzburg schrieb Mozart nicht weiter an der Messe. Zwei Jahre später allerdings arbeitete er Teile davon zu der Kantate “Davide penitente“, KV 469 (Libretto vermutlich von Da Ponte) um.

Ernst und im imitatorischen Stil beginnt das “Kyrie“ mit seinem posaunengestützen Chorsatz. Im “Christe eleison“ wird die tröstliche Melodik des Sopran-Solos von Chorrufen grundiert, ehe das zweite “Kyrie“ den Ernst des Beginns wieder aufnimmt. In den acht selbstständigen Sätzen des “Gloria“ stellt Mozart ganz bewusst unterschiedliche Stile nebeneinander. Dem bewegten Allegro vivace des “Gloria“-Chores (Anklänge an das “Alleluja“ des “Messias“!) folgt die von Streichern, Oboen und Hörnern begleitete “Laudamus-te“-Arie, ein Stück koloraturfreudigen Jubels im italienischen Stil. In fünfstimmiger feierlich homophoner Chor-Monumentalität bricht das “Gratias agimus“ herein. Das “Domine-Deus“-Duett für zwei Soprane ist wiederum ein bewegtes imitatorisches Stück. Das folgende “Qui tollis“ bildet den Ausdruckshöhepunkt des gesamten Torsos. Ein gewaltiger Doppelchor mit gezackten, punktierten Figurationen der Streicher und mit vollem Bläsersatz unterstreicht eindrucksvoll die Bitte um Erbarmen. Das “Quoniam“ dagegen wirkt beruhigend mit den leichtfüßigen Verzierungen in den drei Solostimmen, die aufsteigend geführt werden. Das majestätische “Jesu Christe“, ein kurzer homophon gesetzter Chor, wirkt wie ein Säulengang, durch den man zur groß angelegten Fuge des “Cum sancto spiritu“ gelangt. Dieses ausgedehnte Fugen-Finale, das sich an den großen Barockmeistern orientiert, ist ein Meisterstück des strengen Stils. Im “Credo“ wird die Gewissheit des Glaubens durch die C-Dur-Tonart und den homophonen Chorsatz unterstrichen. Der innige Charakter des “Et incarnatus“ vollzieht das Geheimnis der Geburt Christi nach. Durch die pastorale Instrumentierung mit Flöte, Oboe und Fagott zur Begleitung der Singstimme wird die Hirtenszene an der Krippe nachgezeichnet. Der Mozartbiograph Nissen ist der Auffassung, dass diese Sopranarie in zeitlicher Nähe der Geburt des ersten Kindes der jungen Eheleute entstanden ist. Dies erklärt die Hingabe, mit der Mozart hier eines der bewegendsten Werke seines gesamten Kirchenmusikschaffens und eine der schönsten Sopran-Arien überhaupt geschrieben hat. Das feierliche doppelchörige “Sanctus“ mündet in die großangelegte “Osanna“-Fuge, in der die himmlischen Heerscharen zum Lobpreis Gottes singen. Auch hier ist das Erbe von Bach und Händel unverkennbar. Im “Benedictus“ sind endlich alle vier Vokalsolisten vereint. Vereint ist auch eine unerhörte stilistische Feinheit mit einer großen Tiefe des Ausdrucks. Hier verschmelzen auf glücklichste Weise der Stil des Barock und der Klassik, aber auch kirchlicher und weltlicher Stil.

Solisten: Cornelia Horak (Sopran I), Katrin Auzinger (Sopran II), Gernot Heinrich (Tenor), Klemens Sander (Bass).

Zum Offertorium: Melchior Vulpius „Gelobt sei Gott im höchsten Thron“

 

Sonntag, 7. Mai 2017: Joseph Haydn „Kleine Orgelsolomesse“
Missa brevis Sancti Joannis de Deo in B-Dur, Hob. XXII:07

Franz Joseph Haydn (geb. 31. März 1732 in Rohrau, Niederösterreich; gest. 31. Mai 1809 in Wien) verbrachte den größten Teil seiner Karriere von 1761-1790 als Hofmusiker und leitete das Orchester und die Oper der wohlhabenden Familie Esterházy auf deren Landsitz, für die er Musik zu komponieren hatte.

Kirchenmusikalische Kompositionen zählten – auch nach Gregor Joseph Werners Tod und Haydns Vorrücken zum Hofkapellmeister – nicht im eigentlichen zu dem, was man sich von Haydn als fürstlichen Kapellmeister am esterházy‘schen Hof erwartete. Haydns im Anstellungsvertrag festgelegte Verpflichtung, ausschließlich für den fürstlichen Hof zu komponieren, hatte für die Kirchenmusik die geringste Bedeutung. Für Haydns Kirchenmusik aus dem ersten Dezennium in fürstlichen Diensten (1760er Jahre) lässt sich nachweisen, dass sie ausdrücklich für fremde Auftraggeber bzw. fremde Aufführungsstätten komponiert wurde. Das konnte kaum hinter dem Rücken des Fürsten geschehen, sondern muss jedenfalls sein Wissen und seine Duldung gefunden haben.

Dieser Freiraum für den Kirchenkomponisten Haydn war nicht nur in Wien, sondern mit der Missa brevis Sancti Joannis de Deo, der sogenannten „Kleinen Orgelsolomesse“ (Hob. XXII:7) auch in Eisenstadt gegeben. Sie wurde von Haydn für die dortige Kirche der Barmherzigen Brüder komponiert. Das war irgendwann vor 1778.

Haydn hat sich immer auf die aufführungspraktischen Gegebenheiten jenes Ortes bzw. jenes Ensembles einstellen müssen, für den oder für das er seine Werke geschaffen hat. Das ist eine ganz wesentliche Erklärung für die Vielgestaltigkeit von Haydns Kirchenmusik. Auf der engen, kleinen Empore der Kirche der Barmherzigen Brüder in Eisenstadt mit der hinterspieligen Orgel war eben nur Platz für ein solches Ensemble, wie es Haydn in seiner „Kleinen Orgelsolomesse“ vorgesehen hat. Solisten und Chor miteinander in Wettstreit treten zu lassen war dort unmöglich. Dass in der Messe nur eine Solostimme essentiell verwendet wird ist kein mehr oder weniger origineller kompositorischer Einfall, sondern eine Berücksichtigung der Zwänge der engen Lokalität.

Man muss die grundsätzlichen aufführungspraktischen Verhältnisse in der Kirchenmusik zu Haydns Zeit kennen: In der Regel kannten die Kirchenmusik-Ensembles keinen Chor im modernen Sinn. Der Vokalpart wurde vielmehr von vier bis acht Sängern gesungen. Bei einer solch kleinen Besetzung wären Soloquartett und Chor also identisch, oder bestenfalls die Unterscheidung zwischen Soloquartett und Doppelquartett möglich. Erst gegen Ende des Jahrhunderts kam es nach und nach zu größeren Vokalbesetzungen in der Kirchenmusik, die eine wirkliche Unterscheidung zwischen Chor und Soloquartett möglich und sinnvoll machten.

                          (Aus: Otto Biba „Die Kirchenmusik von Joseph Haydn“)