Newsletter April 2022

Liebe Freunde der Kirchenmusik!
Sehr geehrte Damen und Herren!

Für die nun zu Ende gehende Fastenzeit haben wir zunächst, für den 3. April, Schuberts Deutsche Messe aufs Programm gesetzt, und für den Palmsonntag schließlich in guter Tradition eine der a-cappella-Messen von Michael Haydn: diesmal die Missa in Tempore Quadragesimae.
Der 5. Fastensonntag bringt insofern eine Besonderheit, als der frühere Kirchenrektor P. Gustav Schörghofer dieses Hochamt mit uns feiern wird. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen! Es dürfte geplant sein, dass er künftig 1x im Monat wieder in der Jesuitenkirche zelebrieren wird, um P. Fritzer ein wenig zu entlasten.
Das Hochamt zum höchsten Feiertag des Kirchenjahres wird dieses Mal wieder mit dem Consortium Musicum Wien gestaltet, und die Chorvereinigung übernimmt dann den Weißen Sonntag, 24. April, festlich mit Mozarts Missa Solemnis KV 337, die zuletzt vor drei Jahren zu hören war. Am 1. Mai schließlich folgt wieder Haydns Nikolaimesse, deren äußerst intensives und inniges Incarnatus/Crucifixus mich jedes Mal aufs Neue erschüttert.
Ich freue mich, melden zu können, dass wir uns langsam wieder in Richtung Normalität bewegen, auch wenn „die Zahlen“ das noch nicht hergeben. Gemeint sind in dem Fall die Zahlen der Kirchenbesucher – die sonntägliche Gemeinde in der Jesuitenkirche ist immer noch sehr reduziert – und ebenso die Zahl der Mitwirkenden im stark ausgedünnten Sopran, der jedoch beständig die fehlende Quantität durch konsequente Qualität wettmacht.
Wir freuen uns auf die gemeinsamen Messfeiern mit Ihnen!

Martin Filzmaier, Obmann

Sonntag, 5. April 2022: Franz SCHUBERT – Deutsche Messe (1826)

Das Werk wurde von dem Professor an der Wiener Technischen Hochschule, Johann Philipp Neumann (1774-1849), der auch die Texte verfasste, in Auftrag gegeben. Von Schubert selbst gibt es zwei Fassungen, eine für vierstimmigen gemischten Chor mit Orgel sowie eine weitere, die zusätzlich je zwei Oboen, Klarinetten, Fagotte, Hörner und Trompeten, sowie drei Posaunen, Pauken und einen Kontrabass vorsieht. Daneben gibt es mehrere Bearbeitungen von Schuberts Bruder Ferdinand, darunter eine für drei Knabenstimmen mit Orgel sowie eine für vier Männerstimmen ohne Begleitung. Verbreitung gefunden hat das populäre Werk aber durch eine Vielzahl weiterer Bearbeitungen, die häufig auf die Bedürfnisse und Möglichkeiten der Pfarrgemeinden zugeschnitten wurden.
Ihren Namen hat die Deutsche Messe daher, dass sie, anders als die meisten geistlichen Werke der Zeit, die Landessprache verwendet. Dies, sowie die sehr freie, assoziative und romantisierende Übertragung und Interpretation des liturgischen Textes führte zur anfänglichen Ablehnung des Opus durch das Wiener Erzbischöfliche Konsistorium, erlangte jedoch bald weite Popularität, insbesondere durch die Verbreitung der deutschen „Bet- und Singmesse“ in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Die Gesänge der Deutschen Messe sind im kirchlichen Alltag, insbesondere in Österreich und in Süddeutschland, bis zum heutigen Tag sehr verbreitet und populär. Die Deutsche Messe ist in mehreren Regionalanhängen des katholischen Gebets- und Gesangbuches Gotteslob enthalten.
Musikalisch ist die Deutsche Messe von schlicht-eingängiger, diatonischer Melodik und gleichmäßiger Rhythmik geprägt; modulatorische Komplikationen werden weitgehend vermieden, wodurch sie für jedermann leicht singbar ist. Ihre acht strophisch gehaltenen und homophon gesetzten Teile erinnern in ihrer schlicht-syllabischen Deklamation an den Gemeindegesang und verraten deutlich, dass ihr Schöpfer seinen Weltruhm insbesondere als Liedkomponist errungen hat. Dabei stützt er sich zudem eindeutig auf das Vorbild des Deutschen Hochamtes von Michael Haydn, einem Komponisten, den er sehr schätzte.
Der Text stellt keine Übersetzung der tradierten lateinischen Vorlagen dar, sondern beruht vielmehr auf der Sammlung „Geistliche Lieder für das heilige Messopfer“ des Auftraggebers J. P. Neumann aus dem Jahre 1826. Während die lateinischen Texte des katholischen Ritus großteils den Lobpreis Gottes in den Mittelpunkt stellt, rücken die Texte der Deutsche Messe eher den Menschen mit seinen irdischen Sorgen und Nöten ins Blickfeld und sollen auch als Messandachten dienen.               (Aus dem Internet)

Palmsonntag, 10. April 2022:

Michael HAYDN: Missa Quadragesimalis „Missa dolorum Beatae Mariae Virginis“ MH57/MH 552 (1762/1794)

Neben Wolfgang Amadeus Mozart, der im Jahr 1781 seine Vaterstadt endgültig verließ, war Johann Michael Haydn (1737 – 1806) in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts der bedeutsamste Musiker, der am fürsterzbischöflichen Hof in Salzburg wirkte, und der weit über dessen Grenzen hinaus berühmt wurde. Obwohl Michael Haydns Schaffen alle damals üblichen Gattungen der Musikpflege umfasste – er schrieb neben zahllosen Symphonien und Serenaden auch Opern und verschiedene Singspiele – war er zu seinen Lebzeiten vor allem als Kirchenmusiker bekannt und hochgeachtet. Freilich berührt jene Äußerung Joseph Haydns über den jüngeren Bruder gegenüber dem Verleger Georg August Griensinger gleich zwei Bereiche, die für Johann Michaels Leben als Komponist von entscheidender Bedeutung waren: „In der Kirchenmusik verdienen die Arbeiten seines Bruders, Michael Haydn, eine der ersten Stellen; es sey aber nur schade, dass dieses Fach so schlecht bezahlt werde, denn man könne sich mit einem Dudelsack mehr verdienen als mit Offertorien und Messen“.
Der von Bescheidenheit und tiefer Frömmigkeit geprägte Charakter Michael Haydns hielt ihn von 1763 bis zu seinem Tode 1806 bei mäßiger Bezahlung in den Diensten der Salzburger Fürsterzbischöfe. Zunächst unter Mozart nur als “Hofmusicus und Concertmeister“ angestellt, übernahm er 1777 zusätzlich die Organistenstelle an der Dreifaltigkeitskirche und wurde am 30. Mai 1782 schließlich nach Mozarts Zerwürfnis mit dem Fürsterzbischof als dessen Nachfolger zum 1. Hof- und Domorganisten ernannt.  Der größte Teil seiner unübersehbar vielen Kompositionen wurde zu Johann Michaels Lebzeiten niemals im Druck veröffentlicht, und auch die ihm vom Fürsten Esterházy noch 1802 angebotene Stelle als Hofkapellmeister in der Nachfolge seines Bruders Joseph schlug er aus. Karrieredenken und ein – vielleicht auch finanzielles – „Fortkommen in der großen Welt“ blieben ihm Zeit seines Lebens fremd. Zeugnis für die von ihm selbst vielleicht gar nicht so wahrgenommene eigene Berühmtheit legen Kompositionsaufträge des Kaiserhofes in Wien, des spanischen Hofes in Madrid und die Aufnahme in die „königliche Schwedische Musikakademie“ ab. Zu seinen Schülern gehörten Carl Maria von Weber und Anton Diabelli. Johann Michael Haydn blieb auch beim Einfall der Franzosen in seinem geliebten Salzburg und starb nach langer Krankheit verarmt und einsam am 10. August 1806. Den Tod des einzigen Kindes, der Tochter Aloisia Josepha, die er mit seiner Frau, der Hofsängerin Magdalena Lipp hatte, verwand Johann Michael Haydn bis zu seinem Tode nicht.
Michael Haydns Musik lässt einen tiefgründigen und vielschichtigen Charakter erkennen, der sich in seinen Kompositionen niemals zu leeren Floskeln hinreißen ließ. Seine Manuskripte stellen fast immer saubere und erstaunlich fehlerfreie Reinschriften dar. Seine sehr anspruchsvolle Behandlung des Orchestersatzes steht weit über der seiner Zeitgenossen und übte einen nicht zu verachtenden Einfluss auf den jungen Mozart aus, der sich 1791 für die Komposition des Requiems das berühmte, schon 1771 entstandene Requiem von Johann Michael Haydn als nicht zu verkennendes Vorbild nahm.
Bei der am 6. März 1794 fertiggestellten Messe handelt es sich nicht um eine Neukomposition, sondern um eine wiederverwendete Version der „Missa Dolorum Beatissimae Virginis Mariae“, die Haydn 1762 in Großwardein komponiert hatte. In der Sparsamkeit der Mittel und dem ausgesprochen homophonen Stil entspricht sie den Werken, die unter dem Einfluss der liturgischen Reform in Salzburg in den 1790er Jahren entstanden. Verwendung auch in der Adventszeit möglich (Messe ohne Gloria).                                                                                                                             (aus dem Internet)
Es dirigiert Thomas Böttcher.

Sonntag, 24. April 2022: W. A. MOZART – Missa solemnis KV 337

„Nel Marzo 1780 in Salisburgo“ hat Mozart auf das Autograph seiner letzten vollendeten Messe geschrieben, die mit dem – ihrem Typus ganz entsprechenden – Beinamen „Missa solemnis“ bekannt ist, während sie Mozart selbst ganz undefiniert nur mit „Missa“ überschrieben hat. Der Monat März lässt natürlich eine Bestimmung des neuen Werkes für den Ostersonntag annehmen. Dem entsprechen auch die Besetzung oder der Umfang der Messe, die im Salzburger Kirchenmusikverständnis ein typisches Werk für ein „festum pallii“ ist. Neben Oboen, Trompeten und Pauken beschäftigt diese Messe auch zwei Fagotte, was in Mozarts Salzburger Kirchenmusik ungewöhnlich ist (wir finden sie auch in KV 243, „Litanei zu Ehren des Altarsakraments“), weil dort in der Regel nur ein Fagott in der Bassgruppe verwendet wurde, aus der es für obligate Aufgaben heraustreten konnte (wie zum „Laudate Dominum“ der Vesper KV 339). Viel mehr als ein solches obligates Hervortreten ist aber das Solo, das Mozart für das Fagott – im konzertierenden Ensemble der 1.Oboe, der Orgel und dem Solo-Sopran – im Agnus Dei dieser Messe vorgesehen hat. In diesem Fall brauchte er ein zweites Fagott, das in der Bassgruppe verbleibt. Und da er schon zwei Fagotte hatte beschäftigte er sie auch anderswo, wie im Holzbläserensemble zum „Et incarnarus“, das den Holzbläserklang der Hirtenmusik in der Christnacht assoziiert, oder nochmals im Credo, in dem ebenfalls vom Holzbläserklang dominierten Soloquartett „Et in Spiritum Sanctum“.
In Wien wurde die Messe 1790 von Antonio Salieri für die Verwendung bei Krönungsgottesdiensten in das Repertoire der Hofmusikkapelle aufgenommen (mit Salieris Eintragungen im Aufführungsmaterial).
Warum das Benedictus in der Regel eine liebliche, anmutige, fast pastorale Stimmung bringt, kann man als besondere Interpretation des biblischen Weihnachtsberichtes verstehen. In dieser Messe gibt Mozart dem Benedictus einen ganz anderen Charakter: Er schreibt eine strenge, regelrechte Fuge und damit eine Art von fürstlicher Musik, als die die Fuge im profanen wie im sakralen Bereich angesehen wurde. (So hatte der Organist zum Einzug des Bischofs bei einem Bischofsamt eine Fuge zu improvisieren.) Mozart begrüßt nach der Wandlung Jesus nicht als Kind in der Krippe, sondern als den Weltenherrscher; den lieblichen und pastoralen Klang bringen hingegen das Hosanna, die passenden Abschnitte im Credo und das Agnus Dei.
Mozart hat natürlich nicht gewusst, dass dies seine letzte vollendete Mess-Vertonung sein würde. Wir wissen es und empfinden daher die Zurücknahme des äußeren Glanzes der ein Jahr zuvor komponierten „Krönungsmesse“ zugunsten einer nunmehr stillen, inneren Tiefe als sehr berührend. Die Trompeten schmettern jetzt nicht mehr, sondern setzen entweder Glanzpunkte oder werden sogar in der Funktion von Hörnern verwendet, die Holzbläser werfen nicht aparte Soli ein, sondern spielen Ensemblemusik: ein neuer Weg in der Kirchenmusik, den Mozart aufgezeigt hat, aber nicht weitergegangen ist.
(Aus: „Mozart sakral“ Wiener Mozartjahr 2006, Herausgeber Peter Marboe)
Als Solisten wirken mit: Ursula Langmayr, Martina Steffl, Franz Gürtelschmied und Klemens Sander.

 Sonntag, 1. Mai 2022: Joseph HAYDN – „Nikolaimesse“

Als Haydn Vizekapellmeister am esterházischen Hof wurde, zählte die Kirchenmusik vorerst nicht zu seinen Dienstobliegenheiten. Sie blieb dem Hofkapellmeister Gregor Joseph Werner vorbehalten. Daher ist die Zahl der in den ersten Jahren geschaffenen kirchenmusikalischen Werke naturgemäß gering. Vor 1765 entstand ein Te Deum. Die erste unter Haydns insgesamt 14 Meßkompositionen, die für den Fürstenhof in Eisenstadt bestimmt war, ist die sogenannte Große Orgelsolomesse, wahrscheinlich 1766 entstanden. Die nächste fällt bereits in das Jahr 1772, es ist die sogenannte Nicolaimesse, komponiert für den Namenstag des Fürsten Nikolaus Esterházy am 6. Dezember 1772.
Zwischen beiden liegt Haydns überhaupt größte und längste Meßvertonung, komponiert zu Ehren des Marianischen Gnadenbildes Mariazell und bekannt unter dem Namen Cäcilienmesse Hob. XXII:05. Sie ist mit größter Sicherheit für die Wiener Cäcilienbruderschaft der Tonkünstler entstanden.
Auch ein weiteres in diesen Jahren entstandenes kirchenmusikalisches Hauptwerk von Haydn, das 1767 komponierte Stabat Mater, steht in keinem Zusammenhang mit Haydns Dienstverpflichtungen. Nach seinem Zeugnis war diese Arbeit sein persönlicher Dank an den Schöpfer für die Genesung von einer schweren Krankheit.
(Aus: Otto Biba „Die Kirchenmusik von Joseph Haydn“)
Die Missa Sancti Nicolai in G-Dur, Hob. XXII:06 (deutsch: Nikolaimesse), ist die sechste Messe von Joseph Haydn. Sie dürfte nach der „Abschiedssinfonie“ geschrieben worden sein, sozusagen als Dankeschön an den Fürsten. Außerdem hat Haydn die Messe in sehr kurzer Zeit geschrieben. So hat das „Dona nobis pacem“ die gleiche Melodie wie das „Kyrie“. In den Originalstimmen schrieb Haydn nur „Kyrie“ mit „Dona nobis pacem“-Text. Aufgrund der Pastoralmelodie des „Kyrie“ und „Dona nobis pacem“, die im Sechsvierteltakt steht, wird die Messe auch Sechsviertel-Messe genannt. Insgesamt hat die ganze Messe einen sehr pastoralen Charakter, da sie für die Adventszeit komponiert wurde. Die Messe ist geschrieben für Chor, Soloquartett, Streicher, 2 Oboen, 2 Hörner, Fagott und Orgel.

Als Solisten hören Sie: Monika Riedler, Katrin Auzinger, Gustavo Quaresma und Klemens Sander.