Newsletter März

Liebe Freunde der Kirchenmusik!
Sehr geehrte Damen und Herren!

Wie so viele andere Dinge auch, wurde der gewohnte Ablauf des Kirchenjahres durch die Pandemie stark verändert, ja ausgehebelt. Wir erinnern uns an das Osterfest 2020, mit dem einsamen Papst vor dem Petersdom, oder an das Osterhochamt im hohen Dom zu St. Stephan fast ohne in Präsenz Mitfeiernde, 2021 dann mit etwas mehr „Normalität“, aber immer noch weit entfernt von dem, was wir vor dem März 2020 unter einem festlichen Hochamt verstehen durften. Nun, 2 Jahre später, gehen wir wieder in eine Fastenzeit, diesmal aber ohne Lockdown und ohne bloß solistische Besetzung, bzw. kleinem Ensemble. Die Chorvereinigung wird in „voller Stärke“ singen können, auch wenn diese durch viele Umstände stark reduziert ist. Das ist aber nicht einschränkenden Maßnahmen oder Verordnungen geschuldet, sondern dem, was die Pandemie und alle Restriktionen um sie herum  in diesen zwei Jahren auch vielen andern Chören angetan haben.

Dennoch gehen wir mit großer Zuversicht in diese Fastenzeit, denn wir dürfen erstmals wirklich auf eine Auferstehung des musikalischen Lebens mit Ostern hoffen. Vieles deutet darauf hin und berechtigt zur Hoffnung, dass wir dann nicht nur in voller musikalischer Besetzung, sondern auch in einer wie von früher gewohnt vollen Jesuitenkirche die Hochämter feiern werden können.

Nützen wir die Fastenzeit, um uns noch einmal bewusst zu machen, welch großes Privileg es ist, in so einer Weise feiern zu dürfen. – Gerade, wo in diesen Tagen Menschen auf unserem vermeintlich so zivilisierten Kontinent in einem Krieg um ihr nacktes Leben laufen oder sich in Bunkern und U-Bahn-Schächten verschanzen müssen. Auch für sie werden wir singen.

Martin Filzmaier, Obmann

 

Sonntag, 6. März 2022:

Michael HAYDN – Missa in Tempore Quadragesimae, MH 553 (1794)

Michael Haydn, der jüngere Bruder von Joseph Haydn, wurde am 13. September 1737 in Rohrau an der Leitha, einem Dorf an der alten Grenze zwischen Niederösterreich und Ungarn geboren. Als Kind zeigte er so eine beachtliche musikalische Begabung, dass er 1745 in die berühmte Chorschule am Stephansdom zu Wien aufgenommen wurde. Als Gegenleistung für seine Dienste dort erhielt er nicht nur eine Grundausbildung in Musiktheorie und -praxis, sondern – und das war vielleicht noch wichtiger – er hatte dort auch die Gelegenheit, täglich die Musik der führenden Komponisten des 18. Jahrhunderts sowie anderer berühmter Meister, die ihre Dienste im Laufe der Jahre am Dom und kaiserlichen Hoforchester geleitet hatten, zu hören und zu spielen. Als er wegen Stimmbruchs die Chorschule verlassen musste (etwa um 1757), glänzte Haydn nicht nur als Geiger, sondern hatte auch eine solche Fähigkeit an den Tasteninstrumenten entwickelt, dass er den regulären Organisten bei Gottesdiensten in der Kathedrale vertreten konnte. Er hatte auch damit begonnen, sich als außerordentlich vielversprechender Komponist zu etablieren, und erfreute sich neben der Schirmherrschaft von verschiedenen Fürstenhäusern auch der eines Kreises von Klöstern im Hoheitsgebiet der österreichischen Krone. Um 1759 trat der junge Musiker als Kapellmeister in die Dienste des Grafen Adam Patáchich ein, dem neuernannten Bischof von Großwardein in Südungarn (heute Oradea in Rumänien). Nach Ansicht seiner frühen Biographen war Haydns Gehalt dort so gering, dass er sich auf die Einkünfte aus seinen Kompositionen verlassen musste, um sich viele Lebensnotwendigkeiten leisten zu können. Vielleicht kündigte Haydn seine Anstellung beim Bischof aus eben diesem Grund im April 1762. Er war während des Sommers wieder in Wien, wo er bei den Konzerten der Tonkünstlersozietät mitwirkte. Haydn kam während des folgenden Sommers nach Salzburg, wo er sich um eine Anstellung in den dortigen Diensten bewarb. Am 14. August 1763 wurde er durch erzbischöfliches Dekret in eine Doppelstelle als Konzertmeister und Hofkomponist mit einem monatlichen Gehalt von 25 Gulden aufgenommen. Zu Haydns Pflichten als Konzertmeister gehörte, dass er bei Gottesdiensten im Dom und in den fürstlichen Gemächern im Orchester spielte. Michael Haydn blieb bis zu seinem Tod 1806, also 43 Jahre lang, in diesem Dienst.

Michael Haydn nahm bald eine Vorrangstellung in der Kapelle ein. Man kann behaupten, dass er Cajetan Adlgasser und Leopold Mozart bei weitem übertraf und seine Begabung die Einzige war, die mit dem Genie des jungen Wolfgang Amadeus Mozart wetteifern durfte. Sein Talent fand ohne Zweifel seinen besonderen Ausdruck im Bereich der Vokalmusik. Er schuf eine Fülle von größeren und kleineren Kirchenwerken, Oratorien, sowie Gratulations- und Huldigungsmusiken. Er wirkte regelmäßig bei den Konzerten der Abtei St. Peter, den Benediktinerinnen auf dem Nonnberg und in den Klöstern Michaelbeuern, Lambach und Kremsmünster. Mit der Zeit erfreute sich Michael Haydn bei einem internationalen Publikum einer beträchtlichen Berühmtheit als Komponist. Besonders bewundert wurden seine Kirchenwerke, welche Liebhaber wie Kenner für Muster ihres Stils hielten. Der Katalog von Michael Haydns Kompositionen umschließt fast 850 Werke. Rund zwei Drittel seines Schaffens besteht aus Musik für die Kirche und umfasst einfache deutsche Motetten bis zu den prunkvollsten lateinischen Messen. Die letzteren nehmen einen besonderen Platz in Haydns Oevre ein, denn sie repräsentieren alle Perioden seines schöpferischen Lebens. Haydn schrieb insgesamt 38 Messen, sowie drei Vertonungen des Requiems.

Die drei zwischen dem 15. Februar und 31. März 1794 entstandenen Quadragesima-Messen MH 551-553, die zum allgemeinen Gebrauche während der Fastenzeit und unabhängig von irgendeinem Auftrag geschrieben wurden. Um 1790 wandte er sich ans Schreiben von einfacheren Kirchenwerken, welche den zeitgenössischen liturgischen Reformvorbildern angemessen waren.

Die Missa Tempore Quadragesimae (MH 553) beendete Michael Haydn am 31. März 1794. Zwar schließt das Werk nur ein einziges Zitat eines gregorianischen Chorals ein, nämlich im „Et incarnatus est“, aber es entspricht durch die Sparsamkeit seiner Mittel und dem ausgesprochen homophonen Stil im besonderen Maße den Ansprüchen der liturgischen Reform im Salzburg der 1790er Jahre. Die autographe Partitur befindet sich in der Musiksammlung der Bayerischen Staatsbibliothek München, autographe Stimmen sind im Archiv der Benediktinerabtei St. Peter aufbewahrt. Eigenen Angaben zufolge war Haydn ein langsamer und methodischer Schreiber. Die Missa Tempore Quadragesimae ist von so einfacher Faktur, dass die Autographen völlig frei von Fehlern sind.

Charles H. Sherman im Vorwort der Partitur des Carus-Verlages 1995.

 

 

Sonntag, 13. März 2019: Josef Gabriel RHEINBERGER – „Missa St.ae Crucis“,

Messe in G-Dur op. 151 (1882)

Der 1839 in Vaduz geborene Josef Gabriel Rheinberger zeigte schon früh ungewöhnliche Musikalität. Er versah bereits als Siebenjähriger den Organistendienst in seinem Heimatort. Nach erstem Musikunterricht 1844 in Vaduz und 1849 in Feldkirch/Österreich zog Rheinberger mit 12 Jahren in die Wahlheimat München und besuchte dort bis 1854 das Münchner Konservatorium, wo er seine Kommilitonen bald überflügelte und bereits zahlreiche Werke schuf. Als er 19 Jahre alt war, bot ihm das Konservatorium eine Dozentur für Klavier, 1860 für Harmonielehre, Kontrapunkt und Musikgeschichte an, die er bis kurz vor seinem Lebensende ausübte. 1853 bis 1867 war er Organist an verschiedenen Münchener Kirchen. Er war als Kompositionslehrer am Münchner Konservatorium eine Kapazität von internationalem Rang. Zu seinen Schülern zählten unter vielen anderen Engelbert Humperdinck, Ermanno Wolf-Ferrari und Wilhelm Furtwängler sowie eine ganze Generation junger US-amerikanischer Komponisten.

Rheinberger gehörte zu den erfolgreichen Komponisten seiner Zeit, an den Verleger, Musiker und Chöre mit Kompositionsaufträgen herantraten. Als Hofkapellmeister des bayerischen Königs Ludwigs II. nahm er eine zentrale Position innerhalb der katholischen Kirchenmusik in Deutschland ein. Er komponierte lateinische Messen und Motetten, die in ihrer Unabhängigkeit von den einengenden Vorschriften der cäcilianischen Kirchenmusikreformer seiner Zeit wegweisend waren. Die meisten Sakralwerke entstanden in Rheinbergers letzter Schaffensphase. Rheinberger wurde in München bestattet. Nach Zerstörung der Grabstätte im Zweiten Weltkrieg wurden die Gebeine von Rheinberger und seiner Gattin 1949 nach Vaduz überführt und in einem Ehrengrab auf dem Friedhof der Pfarrei St. Florin beigesetzt.

Rheinberger komponierte die Missa St.ae Crucis op. 151 im September 1882 während eines Urlaubs in Wildbad Kreuth. Sie enthält einprägsame, wunderschöne Motive und vermeidet extreme Stimmlagen. Die einzelnen Sätze sind harmonisch reich gestaltet, mit viel Sinn für Klang und mit den für Rheinberger typischen überraschenden Modulationen.  Der Beiname der Messe ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass Rheinberger die Komposition 1883 selbst erstmals in der Karwoche in der Allerheiligen Hofkapelle in München zur Aufführung brachte. Später führte er die „Missa in G-Dur“, wie sie auch schlicht genannt wird, auch außerhalb der Fastenzeit auf. Wie alle Werke dieses international nicht überaus bekannten Komponisten, bringt die Missa St.ae Crucis starke Emotionen in den Diensten der Liturgie zum spannenden Ausdruck.

 

Sonntag, 27. März 2022: Motetten zur Fastenzeit

Mit thematisch nur in die Fastenzeit, bzw. die Karwoche passenden Motetten tritt die Chorvereinigung St. Augustin ein wenig aus der „üblichen“ Gestaltung der Sonntagshochämter heraus. Anders als die vertonten Messtexte der klassischen Messkompositionen vertiefen diese Motetten auf besonders eindringliche Weise spezielle Themen der 40 Tage vor Ostern.

Der Chor singt zum Einzug: „Ehre sei dir Christe“ und nach der Lesung „Also hat Gott die Welt geliebt“ von  Heinrich Schütz, zur Gabenbereitung von Melchior Frank „Fürwahr, er trug unsre Krankheit“, zum Vater unser „Pater noster“ von Igor Strawinsky und zum Auszug „Eli, Eli“ von Georgius Bardos.